"Kein Bullshit-Jahr": Joe Roberts der nächste MotoGP-Star aus den USA?

Joe Roberts führt mit 69 Punkten die Moto2-WM-Wertung an - Die Erfolge von Nicky Hayden haben ihn als Kind inspiriert - Dieses Vorbild für US-Talente will nun er sein

(Motorsport-Total.com) - Nach vier Moto2-Rennen 2024 führt Joe Roberts die WM-Wertung an. Mit zweiten Plätzen in Portimao, Austin und Jerez hat er erstmals in seiner Grand-Prix-Karriere drei Podestplätze hintereinander erobert. Zum davor letzten Mal hat das ein US-Amerikaner im Jahr 2006 geschafft. Nicky Hayden feierte damals in der MotoGP in Mugello, Barcelona und Assen auf dem Podium.

Titel-Bild zur News: Joe Roberts

Mit Joe Roberts führt erstmals seit 2006 ein US-Amerikaner eine WM-Wertung an Zoom

Zusätzlich zu den drei Podestplätzen hat Roberts in Katar Platz sieben nach Hause gebracht. Somit führt er die WM-Wertung mit 69 Punkten an - der Startnummer des unvergessenen Hayden. "Das sind ziemlich verrückte Statistiken", sagt Roberts selbst zu diesen Zahlen.

Sein zweiter Platz zuletzt in Jerez gelang dem Kalifornier zudem am Geburtstag seiner Mutter. Die Rückkehr zum American-Racing-Team hat sich bislang voll ausgezahlt. Der Rennstall von Eitan Butbul ist nach vier Rennwochenenden auf dem zweiten Platz der Teamwertung.

"Dieses Jahr war bisher unglaublich", strahlt Roberts. "Um mich herum sind so viele coole Dinge passiert. Hinter mir steht so ein gutes Team. Alles scheint in diesem Jahr zu passen. Ich bin glücklich, wenn ich an der Rennstrecke bin."

Nach einer schwierigen Debütsaison im RW-Racing-Team mit dem NTS-Chassis 2018 wechselte er 2019 ins US-Team von Butbul. Die Kundenteams taten sich damals mit dem KTM-Stahlrahmen aber schwer. Seit 2020 setzt der Rennstall auf das Aluchassis von Kalex.

Beim Saisonauftakt in Katar stand Roberts prompt zum ersten Mal auf der Poleposition. In Brünn folgte sein erster Podestplatz. Roberts entschied sich für 2021 zum Wechsel in das italienische Italtrans-Team, das 2020 mit Enea Bastianini Moto2-Weltmeister war.

Joe Roberts

Doha 2020: Joe Roberts sichert sich überraschend die Poleposition Zoom

Ihm gelang 2021 kein einziger Podestplatz. Dazu kam im Herbst ein Schlüsselbeinbruch und verpasste Rennen. Anfang 2022 wurde das Rennen in Portimao nach einem Abbruch für sieben Runden neugestartet. Roberts feierte seinen ersten und bislang einzigen Sieg.

Aber Roberts war nicht konstant im Spitzenfeld dabei. Abgesehen von diesem Sieg gelangen ihm in drei Italtrans-Jahren noch zwei Podestplätze. Schließlich einigte er sich mit Butbul für 2024 auf eine Rückkehr zu American-Racing.

War Wechsel zu Italtrans ein Fehler?

War der ursprüngliche Abschied vom US-Team ein Fehler? "Ehrlich gesagt, ich bedaure es nicht. Wie wäre das Leben, wenn man etwas bedauern würde? Man macht Fehler. Ich habe mich als Person und als Fahrer weiterentwickelt."

"Ich weiß, dass die Leute, mit denen ich jetzt arbeite, damals nicht im nächsten Jahr verfügbar gewesen wären", so Roberts. "Diese Leute sind jetzt von Umgebungen gekommen, in denen sie sich nicht wohlgefühlt haben. Sie haben sich hier gefunden."

Joe Roberts

Mit der Rückkehr zu American-Racing ist für Roberts bisher der Knoten geplatzt Zoom

Mit Mario Martini hat er seinen Crewchief von Italtrans mitgebracht. Wichtigen Input liefert auch der Dateningenieur, der von Boscoscuro kommen ist. Mit Ex-MotoGP-Fahrer John Hopkins hat Roberts wieder einen erfahrenen Mann an der Seite, den er als Freund bezeichnet.

"Mein Verhältnis zu John war immer großartig, auch als ich das Team verlassen habe", betont Roberts. "Die Moto2 ist eine sehr eigenartige Klasse. Wenn man nicht die richtigen Leute um sich hat, oder man sich nicht wohlfühlt, dann verliert man ganz schnell pro Kurve eine Zehntelsekunde."

"Man ist dann im Nirgendwo. Und wenn man nirgendwo ist, spricht niemand über einen. Ich bin immer noch der gleiche Fahrer, aber der Unterschied sind die Leute und das Team um mich herum. Vielleicht passieren all diese Dinge aus einem bestimmten Grund."

Joe Roberts

Dreimal hintereinander eroberte Joe Roberts zweite Plätze Zoom

Aus technischer Sicht kommt dem 26-Jährigen auch der Wechsel von Dunlop zu Pirelli entgegen: "Ich habe in der Kurve Vertrauen, das ich zuvor nicht hatte. Ich brauche dieses Gefühl für das Vorderrad. Man hat mehr Feedback."

Deshalb kommt Roberts als WM-Führender zu dem Schluss: "Ich hatte meine Reise mit Höhen und Tiefen und habe viel durchgemacht. Jetzt ist es kein Bullshit-Jahr. Ich muss es umsetzen. Ich habe das beste Team um mich herum, das ich je hatte. Mir steht alles zur Verfügung."

Von Nicky Hayden inspiriert

Sein nächstes Ziel ist der erste Saisonsieg und darauf aufbauend der WM-Titel. Könnte sich dann eine MotoGP-Chance ergeben? Schließlich gibt es mit Trackhouse wieder ein US-Team in der Königsklasse.

"Seit einigen Jahren gab es keinen konkurrenzfähigen Amerikaner. Ich bin seit einigen Jahren hier. Manche Jahre waren gut und ich hatte tolle Resultate, aber seit Nicky hat niemand um einen WM-Titel gekämpft."


Fotostrecke: Alle Motorrad-Weltmeister aus den USA

"Wenn ich auf 2006 zurückblicke und als Kind verfolgt habe, was Nicky getan hat, dann war es das Inspirierendste auf der Welt. Ich war in Laguna Seca und habe gesehen, wie er gewonnen hat", erinnert sich Roberts an Haydens legendäre Heimsiege.

"Wenn ich darüber nachdenke, dass ich WM-Titel gewinne und was es für Amerika für die Zukunft bedeuten würde, dann wäre es sicher etwas Gutes. Ich weiß, dass es in Amerika viele Talente gibt. Wenn ich diese Inspiration an junge Kinder weitergeben könnte."

"Wenn ich es gut mache, wird die Zukunft zeigen, was sich ergibt. Mein Ziel lautet, dass ich diesen Weltmeistertitel gewinne", sagt Roberts. "Ich glaube, Amerika ist ein schlafender Gigant, der aufgeweckt werden muss. Man muss sich nur in der Formel 1 ansehen, welch große Fanbasis in Amerika möglich ist."

Neueste Kommentare